Auf der Suche nach einem schönen, ruhigen Stellplatz mit Blick aufs Meer, und nicht nur inmitten einer pulsierenden Großstadt mit Eisenbahnanbindung an die Küste, fuhren wir dann weiter auf die benachbarte Insel Lošinj. Eine kurzerhand vorab getätigte Reservierung sicherte uns eine Premium Mare Stellplatz auf dem Campingplatz in Nerezine. Hier war endlich Luft zum Durchatmen. Die Nachsaison wird hier noch wirklich gelebt. Der Platz war fast nur in der ersten Reihe, direkt am Wasser, belegt. Ansonsten war es angenehm leer. Wir bekamen einen dieser schönen kleinen Plätze und Jutta konnte endlich das SUP Board aufpumpen und zu Wasser lassen.

Die uns zunächst wohlig umschließende Ruhe auf diesem Platz changierte im Laufe des Abends jedoch bald in ein unerklärliches Tohuwabohu. Erst ertönten aus dem nahen Ort die Klänge einer Marschkapelle, wenig später mischte sich slowenischer Schlager und blechern klingende Popmusik aus den Lautsprechern eines Mobiltelefons ein paar Stellplätze weiter hinzu. Ohnehin scheint Kroatien nicht wirklich das Land der anmutigen Stille zu sein. Die Supermärkte zum Beispiel machen eher den Eindruck einer Großraumdisko zur Rush Hour. Da muss man sich zur Absprache der gewünschten Nudelsorte so anschreien als wäre man unter einer viel befahrenen Eisenbahnbrücke.

Aber das waren alles nur Momentaufnahmen, die der grundsätzlichen Entspanntheit des Ortes nichts anhaben konnten. Insbesondere wenn man bedenkt, dass am Samstag in Nerezine offenbar der Tag im Jahr anstand, auf den das ganze Dorf seit Monaten hingefiebert hatte. Es war der Tag der 49ten traditionellen Segelboot Regatta. Direkt vor unserer Nase segelten etliche Gaffelriggboote um die Wette. Wichtiger Aspekt schien dabei jedenfalls zu sein, dass wenigstens eines der Boote auf dem Wasser mit lautstark singenden Seemännern bestückt sein musste. Höhepunkt war sicherlich das am Abend stattfindende fulminante Fest am Marktplatz mit der am Vortag schon aufspielenden Kapelle, aber auch deftiger Rockmusik bis tief in die Nacht.
Als wir uns unauffällig unter das Volk zu mischen versuchten, erwischten wir unglücklicherweise genau den Teil der Bühnenshow, der zunächst mit einem folkloristischen Tanz, begleitet von einem durchaus anspruchsvollen kroatischen Dudelsackspiel, begann und sich daran anschließend mit atemberaubend langweiligen Reden der offiziellen Vertreter der Gemeinde fortsetzte, so dass wir alsbald den Ort der Feierlichkeiten wieder verließen.
Nach den aufwühlenden Festlichkeiten suchten wir am nächsten Tag Zerstreuung bei einer kleinen Wanderung zur Tomozina Bucht auf den anderen Seite der Insel. Der Anstieg zum Kammweg wäre für den Mountainbiker mit einem Faible für loses Geröll und steinige Stufen als Abfahrt vermutlich eine willkommene Herausforderung. Der Abstieg zur Bucht auf der anderen Seite schien jedoch vor etlichen Jahren von slalomfahrenden Zwergen angelegt worden zu sein und seitdem nie wieder begangen worden zu sein. Lediglich die rot-weißen Markierungen ließen uns erahnen, nicht völlig verloren im undurchsichtigen Unterholz gelandet zu sein. Immerhin die Beulen am Kopf ließen sich im glasklaren Wasser der Bucht ein wenig abkühlen, die frecherweise aber gar nicht einsam war, da sich ein in die Jahre gekommener Zweimaster ebenfalls hierhin verirrt hatte.



Die Strapazen des sich am Ende doch auf fünfhundert Höhenmeter aufsummierenden Spaziergangs ließen sich noch am Folgeabend spüren, als wir mit wackligen Beinen aus dem Restaurant am Hafen wieder aufstanden und nach Hause wankten, ohne den übermäßigen Konsum von alkoholischen Getränken dafür verantwortlich machen zu können, wie der geneigte Leser jetzt vermutlich vorschnell einwerfen würde.
