Auf den letzten Drücker haben wir noch eine exklusive Mittsommernacht begangen. Bestückt mit unseren faltbaren gepolsterten Bodenstühlen und einer Fleecedecke sind wir mit dem Fahrrad ein kleines Stück nach Norden gefahren, um dann auf die Steinklippen zu klettern uns uns ein lauschiges Plätzchen zu suchen. Die Idee mit der Mitternachtssonne hatten wir aber bei weitem nicht alleine, auch wenn es sicher längst nicht so voll wurde wie im Waschhaus in Tromsø. Unser lauschiges Plätzchen blieb während der ganzen Vorstellung lauschig. Der Wettergott hatte uns lieb und ließ am Horizont einen wolkenlosen Spalt geöffnet, so dass wir das ganze Spektakel wunderbar mitverfolgen konnten. Als so gegen halb zwei Uhr morgens die Sonne tatsächlich noch nicht untergegangen war, sondern im Begriff war wieder zu steigen, hatten wir genug gesehen und fuhren zurück zum Camper.
Das war dann wohl auch in etwa die Zeit, in der die ersten Angler in unserer Herberge das Gefühl hatten, etwas unternehmen zu müssen. Als wir gerade im Bett lagen und dem unregelmäßigen Kreischen der Möwen lauschten, vernahmen wir ein hartnäckiges, aber vorsichtiges Klopfen an einer der Appartementtüren direkt neben unserem Stellplatz. Über den Erfolg des Anglers, seine Kumpanen zu einem Ausflug zu überreden, sind wir wohl wirklich eingeschlafen.
Der Morgen begrüßte uns mit wabernden Nebelfeldern um uns herum. Wir selbst jedoch konnten erneut in herrlichstem Sonnenschein frühstücken. Diese wabernden Nebelfelder begleiteten uns den ganzen Weg auf Senja bis zur Fähre hinüber nach Andøya. Am Fähranleger kamen wir glücklicherweise so zeitig an, dass wir einen der vermeintlich begehrten Plätze zur nächsten Überfahrt ergattern konnten. Das hatte aber auch zur Folge, dass wir mal wieder zwei Stunden Wartezeit hatten. Diese nutzen wir, um einem Feld von Wolken zuzusehen, das an einer Stelle über den Berg floss, um dann über dem Fjord zu schweben und an der gegenüber liegenden Seite beinahe wieder den Berg hinaufzufließen (siehe www.instagram.com/oelftraveller)
Den Kapitän der Fähre haben wir zwar nicht näher kennengelernt, aber Jutta hegte schon nach dem vierten oder fünften verzweifelten Versuch der Fähre, den Anleger in Gryllefjord zu treffen, den Verdacht, dass er Mitglied der anonymen Alkoholiker sein könnte. Mir machte es dann erst ein wenig Sorge, als die Fähre nach den wirklich vielen Vorwärts-Fehlversuchen mit dem Heck voran im ersten Versuch anlegte und trotzdem alle Autos vorwärts herausfahren konnten. Was sollten die ganzen Versuche, mit dem Bug vorwärts anzulegen??? Eine Boshaftigkeit des Kapitäns, damit alle Autos und Wohnmobile rückwärts aus der Fähre fahren müssen? Reine Vergesslichkeit des Kapitäns, der die Strecke wahrscheinlich erst 6.7 Milliarden mal gefahren ist, dass die Autos in Fahrtrichtung Bug im Bauch seines Schiffes stehen? Womit wir irgendwann wieder beim Alkohol wären…
Wir fuhren trotz aller Bedenken auf die Fähre und mussten leider feststellen, dass aus den wabernden Nebelfeldern auf Senja eine dichte Nebelwand wurde, je weiter wir nach Andøya kamen. Das war aber nun sicherlich nicht dem Kapitän anzulasten, hatte aber zur Folge, dass aus den bis dahin gut 20 Grad und Sonnenschein nur noch 10 bis 12 Grad und eine steife Brise wurden, als wir anlegten.
Auf den Vesterålen angekommen, ließen wir uns von der Verheißung auf schneeweiße Sandstrände blenden und steuerten gleich den ersten Campingplatz in Andenes an. Der Platz liegt auf einer baumfreien Wiese an den Dünen direkt an einer traumhaft schönen Bucht mit weißem Sand. Zusammen mit uns kam ein Wohnmobil mit innigen Verehrern der Kastelruther Spatzen an. Dieser Sachverhalt offenbarte sich uns glücklicherweise nicht auf der Tonspur, sondern lediglich dank eines aufmerksam drapierten Fankissens im Heckfenster des Mobils des Paares.
Womöglich war das ein Zeichen, das wir aber – aus welchen Günden auch immer – nicht lesen konnten. Wir buchten also eine Nacht auf dem Campingplatz bei einem Bürschchen, das zwar gut englisch sprechen konnte, aber relativ bald den Überblick über seine vergebenen Plätze verlor. Nach und nach kamen immer mehr Gäste zurück und beschwerten sich über bereits belegte Flächen. Uns gab er dann auch nur den Hinweis, uns einen Platz zu suchen, und ihm im Nachhinein zu sagen, wo wir stehen.
Auch dieses Zeichen ließen wir verstreichen, ohne es weiter zu beachten. Erst dann warfen wir einen Blick in das Sanitärhaus. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter ausholen, aber der Hinweis in einem der neueren Reiseführer auf ein frisch renoviertes Waschhaus, ist gelinde gesagt ein Witz, der uns darüber nachdenken lässt, das Geld für dieses Buch zurück zu verlangen, wenn es nicht sowieso nur geliehen wäre.
Statistik
Ü37: 24.07.2017 -> 25.07.2017 in Mefjordvær (71.469 km)
Karte
Zurückgelegte Strecke
Etappen
Tag 15 (Mefjordvær-Andenes): 60 km
Gesamtstrecke
Insgesamt: 4.111 km