Das immer wechselhafter werdend angekündigte Wetter machte die weitere Reiseplanung durchaus komplizierter. Wir wollten natürlich möglichst viel Sonne erwischen und wechselten daher die Landseite. Dank der wenig charmanten Beschreibung der bretonischen Metropole Brest in diversen Reiseführern, reichte uns eine Besichtigung der Stadt vom Auto aus. Und man kann sagen, scheinbar haben die Verantwortlichen vor Ort in letzter Zeit in Karlsruhe hospitiert, denn die ganze Stadt schien eine einzige Baustelle zu sein.
Da waren wir doch ganz froh am frühen Nachmittag bei wieder schönstem Sonnenschein auf einem nahezu verlassen ausschauenden Campingplatz mit dem geheimnisvollen Namen „Der weiße Wolf“ gelandet zu sein. Namensgeber ist der weiße Hund der Platzbetreiber, der auch gerne mal alleine seine Streifzüge über den Platz unternimmt, um nach dem Rechten zu sehen. Lediglich ein paar versprengte Wohnmobile zeugten davon, dass sich der Platz noch nicht im Winterschlaf befand. Zwar mussten wir erst durch einen Anruf auf uns aufmerksam machen, aber danach konnten wir uns einfach einen Platz nach unserer Wahl aussuchen.
Bei einer ausgefeilten Platzwahl muss man selbstverständlich so einiges beachten. Es geht um den Sonnenstand zu den unterschiedlichen Tageszeiten, dadurch entstehenden Schattenwurf durch umstehendes Gehölz, den vermeintlich besten Blick aufs Meer, Unebenheiten im Boden und dessen Beschaffenheit im Allgemeinen. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte trafen wir die allerbeste Wahl und statteten dem sechzig Höhenmeter unter uns liegendem Strand einen ersten Besuch ab.
Nichts Böses ahnend gingen (um nicht kletterten zu sagen) wir zurück zum Platz und staunten nicht schlecht als uns ein vergleichsweise durchdringender Geräuschpegel erwartete. Das noch vor kurzem so ruhig und idyllisch scheinende Kleinod hatte sich in eine lärmende Bahnhofshalle verwandelt. Ursprung war eine grundsätzlich begrüßenswerte Art der Völkerverständigung zwischen zwei Paaren unterschiedlichster Herkunft. Auf der einen Seite zwei fröhliche Franzosen und auf der anderen zwei nicht minder redselige Sachsen aus Dresden. Unser Abendprogramm war also geprägt von einer minder unterhaltsamen Sitcom in schlechtem Englisch ohne Untertitel. Als Schmankerl oben drauf gab es für uns noch ein Spinoff der Sitcom am Abwaschplatz. Der „lustige“ Mann aus Dresden konnte sich nicht zusammenreißen und haute einen Machoklopfer nach dem anderen raus als gerade zwei Jungs und wir am Spülbecken standen. Er könne als Mann gar nicht abwaschen, hätte er auch noch nie und das wäre ja ohnehin Frauensache. Seine Frau kannte die Sprüche wohl schon und war wohl schon längst über den Status der Fremdscham hinweg, in dem wir leider noch knietief drinsteckten. Wir hofften nur, dass die beiden Jungs kein deutsch verstanden. Wobei geteiltes Leid ja halbes Leid sein soll. Gilt das eigentlich auch für Fremdscham? In Dresden scheint die Welt jedenfalls wohl noch in Ordnung zu sein… Glücklicherweise war die Vorstellung rechtzeitig zum Schlafengehen beendet. Als am nächsten Tag zumindest das französische Paar das Weite suchte und abreiste, entfaltete sich wieder friedliche Stille über dem sehr schönen Platz.
Der Tag hatte darüber hinaus das ein oder andere ausgleichende Element auf Lager. So konnte Jutta zum Beispiel bei einem wieder mal hart umkämpften Boule Match wieder zurück in die Erfolgsspur finden und später konnten wir bei wenigstens zwischenzeitlich ausreichend scheinender Sonne die nächste Badesession verbuchen. Wie sich rausstellte, war der eigentlich sehr steinig anmutende Einstieg ins Wasser von der Besichtigung des Strandes am Vortag bei Ebbe zum fußschmeichelnden, feinsandigen Wohlfühleinstieg geworden. An den sehr kalten Wassertemperaturen hatte sich leider nichts geändert, so dass es nach einer langgezogenen, aber tapferen Eintauchphase nur zu einer äußerst kurzer Verweildauer im eisigen Nass kam.