Wenn der Tourenguide Steffen mal nicht radeln möchte, sondern aus unerfindlichen Gründen lieber sein Surfbrett auf dem Gardasee spazieren fahren möchte, dann ist die übrige Gruppe alleine auf ihr Gedächtnisprotokoll der letzten Jahre angewiesen. Wenn man dann aber lieber doch eine kinderfreundliche Tour für Sami oder sogar vielleicht noch schöner mal etwas Neues fahren möchte, dann wird es besonders kompliziert. So geschehen am Dienstag. Die Lindauer kamen zum Campingplatz, auch Tom stand bereit. Das einzige, was noch fehlte, war eine Tour.
Also musste ich mal wieder als Tourenguide einspringen. Eine gute und am Ende tatsächlich erfolgreiche Gelegenheit, die neue Sportuhr einem eingehenden MTB-Routing-Test zu unterziehen. Flugs die Laghel Runde rund um Arco aus dem Internet als gpx Track herunter- und auf die Uhr geladen und schon konnte es losgehen. Da konnte die Reisegruppe noch so rumfrotzeln, dass alles so lange dauern würde. Aber wer einen Tourenguide haben will, der muss halt auch mal zur rechten Zeit einen kurzen Moment warten und sich in Demut üben können. Die Tour an sich war landschaftlich durchaus reizvoll, hatte auch ein paar sehr knackige Anstiege, war aber bezüglich der Trails für die Abfahrt leider auch eher schmal aufgestellt. Für Sami aber durchaus ein gutes Streckenprofil, welches zum Ende mit dem Besuch der guten alten Eisdiele am Marktplatz von Arco gefeiert wurde.
Zum krönenden Abschluss des Tages planten wir einen Besuch des Restaurants im Hotel Centrale, welches uns über die Jahre immer wieder mit leckeren Speisen überzeugte. Mit einkalkuliert war eine durchaus nicht zu vernachlässigende Wartezeit in der Schlange vor dem Etablissement, da die Tische im draußen liegenden Bereich nicht zu reservieren waren. Eine Gruppe mit neun Personen kann das Personal da ganz schön vor Herausforderungen stellen. Doch auch hier schlug heute mal wieder der Ruhetag zu. Früher gab es am Gardasee gar keine Ruhetage. Da war immer Remmidemmi. Ausweichend gingen wir auf die andere Straßenseite zur Pizzeria Benaco, komplett ohne Wartezeit. Dies stellte sich im Nachhinein auch als Glücksfall im Unglücksfall heraus.
Gerade als wir im Begriff waren, alle Personen in den glückseligen Zustand des Sättigungsgefühls zu überführen, drohte Unheil in Form von dunklen Wolken am Himmel. Sehr dunklen Wolken mit grummelndem Donner und Blitzen in der Ferne. Doch als wir auch die Raucher unserer Gesellschaft eingesammelt und endlich bezahlt hatten, befanden wir uns schon inmitten des brachialen Weltuntergangs. Hätten wir dagegen im Centrale einen Platz bekommen, wären wir vermutlich mit den Sturzbächen an Regenwasser und Hagelmassen, die von der Straße nach Nago herunterströmten bis in den Gardasee mitgerissen worden…
Es blieb uns also nichts anderes übrig als im Restaurant auszuharren und dabei einen Grappa zu trinken, wohl wissend, dass Ölf sich später auf seine kurze Reichweite berufen würde, warum er nicht einfach die Fliegengitterfenster verschlossen hatte. Als die Hagelkörner immer mehr und immer größer und unheimlicher wurden, überkam Jutta doch ein nicht zu übersehendes Unbehagen, wie groß die Überschwemmung im Auto wirklich sein würde oder ob der Camper überhaupt noch wiederzuerkennen wäre. Wir anderen waren eher der Auffassung, dass so ein bisschen Wasser für den Camper schon nicht so schlimm sein würde.
Nach einer langen halben Stunde hatte sich das Gewitter ausreichend ausgetobt und wir konnten doch endlich aufbrechen. Auf dem kurzen Weg zurück zum Campingplatz fanden wir teilweise weiße Schneelandschaften voller Hagelkörner vor, die sich an riesigen Pfützen anschlossen, welche man nicht trockenen Fußes zu überwinden vermochte. Das wahrhaftige Ausmaß dieser infernalen Wetterkapriole wurde uns dann erst direkt vor unserem Stellplatz offenbart. Unser gut abgespanntes, selbstredend mit ausreichend Gefälle gegen jeden uns bekannten Regenguss aufgebautes Sonnensegel war unter der geradezu tonnenschweren Last der Hagelkörner einfach in der Mitte auseinandergerissen. Außerdem hatte sich der mittlere Teil des Campers dank der nicht geschlossenen Fliegengitterfenster in ein imposantes Feuchtbiotop verwandelt. Ölf selbst fühlte sich sehr unangenehm an das Kentern des Kanus auf dem Kocher vor einigen Jahren erinnert, so pitschnass war er geworden.
Mit der Unterstützung unserer Mitreisenden begannen wir unsere nass triefenden Sachen trocken zu legen, entfernten die Überreste vom zerfetzten Sonnensegel und versuchten eine halbwegs trockene Schlafstätte im Bus herzurichten. Die anberaumte Tour mit der ganzen Gruppe am morgigen Tag in Richtung Passo Rochetta war für uns in diesem Moment bereits ins sprichwörtliche Wasser gefallen. Stattdessen nutzten wir den Sonnenschein am nächsten Vormittag dazu, all unsere nassen Klamotten zu trocknen. Insbesondere die Sitzfläche der Rückbank des Campers hatte sich doch ordentlich mit Wasser vollgesogen. Glücklicherweise kann man die ja beim Spacecamper mit wenigen Handgriffen alleine ausbauen und geschmeidig in die Sonne legen.
Gegen Nachmittag waren wir dann weitestgehend wieder trocken gelegt und konnten noch eine klitzekleine Shoppingrunde drehen, die aber kaum der Rede wert geblieben ist. Versöhnlicher Abschluss des Tages war dann aber eine große Tafel, die wir direkt am Ufer des Gardasees aufgebaut hatten und mit allen zusammen die mitgebrachten Pizzen der Pizzeria 600 verspeisten.
Statistik
Ü12: 29.05.2023 -> 30.05.2023 in Torbole (200.553 km)
Ü13: 30.05.2023 -> 31.05.2023 in Torbole (200.553 km)