Dann war es endlich soweit. Die Segler hatten das Meer überquert und befanden sich mittlerweile im Norden der Insel. Da sie sich zusätzlich weiter in Richtung Nordspitze der Insel orientierten, war für uns tatsächlich die Zeit gekommen, unsere Zelte auf dem Campingplatz Calamar abzubrechen. Für einen gut sortierten SpaceCamper ist es dann selbst nach neun Nächten auf einem Platz ein Kinderspiel, seine Backsbeern in Windeseile einzupacken und abfahrbereit in den Startlöchern zu stehen. Die Aussicht auf einen kleinen Bootsausflug überzeugte auch Kerstin und Matthias, den Abstecher gen Norden mitzumachen.

Der Abschied vom vielleicht schönsten Spülplatz der Welt

Dank des heutigen Sonntags verlief die Durchfahrt durch Bastia problemlos und so konnten wir am Strand von Pietracorbara eine kurze Verschnaufpause einlegen. Im Vergleich zu unserem letzten Besuch vor einigen Jahren an dieser Stelle war der Strand kaum wieder zu erkennen. Hatten wir damals den Strand quasi für uns alleine, so quoll er dank des heutigen sonnigen Sonntags förmlich über von Besuchern. Von einem erfrischenden Bad nahmen wir daher Abstand und beschränkten unseren Aufenthalt auf eine kurze Stärkung im spärlichen Schatten. Außerdem wollten wir ja auch weiter, um die Segler noch zu treffen.

Gerade als wir uns auf die holprige Zufahrt vom Strandparkplatz zurück zur Straße begaben, versperrte uns ein rangierender Reisebus den Weg direkt hinter einem großen hölzernen Tor, welches eine Höhenbegrenzung für den Parkplatz darstellte. Der Busfahrer dachte bei seiner Rangieraktion jedoch offensichtlich gar nicht daran, den Weg wieder frei zu geben, sondern stellte sich im Gegenteil unter dem Motto „Stumpf ist Trumpf“ direkt vor den Torbogen, unter dem wir uns mittlerweile stehend befanden. Ein Durchkommen war also unmöglich. Aber jetzt versuch mal einen korsischen Busfahrer ohne eigene Französischkenntnisse argumentativ so in die Enge zu treiben, dass er seine lauffaule Rentnerfracht nicht zwingend an der Haustür des nahen Restaurants, sondern ein paar Meter weiter einladen solle. Haben wir dann auch gar nicht erst versucht. Stattdessen bin ich kurzentschlossen mit dem Camper zurückgesetzt, insbesondere auch da sich Matthias unterdessen schon einen anderen Schleichweg zurück auf die Straße gesucht hatte. Doch unsere Rückwärtsfahrt endete abrupt mit einem lauten Knirschen. Zielsicher hatte ich unseren bis dato verhältnismäßig unversehrten SpaceCamper an den rechten Torpfosten gesetzt. Neben etlichen Kratzern im Lack am rechten hinteren Kotflügel befanden sich nun auch einige Holzintarsien an eben jener Stelle. Da bezahlen andere sicher ein Vermögen für.

Wertvolle Holzintarsien

Schrottgenervt ob des unverschämten Busfahrers fuhren wir also weiter gen Norden. Immer das vermeintlich aktuelle GPS Signal von Rebekkas Mobiltelefon im Blick fuhren wir weiter, immer weiter. Sobald wir einen Blick aufs Meer erhaschen konnten, versuchten wir das Boot auch visuell zu erfassen. Da wir auf der Küstenstraße unterwegs waren, war das relativ häufig der Fall. Aber ein Segelboot in der richtigen Größe und an den übermittelten Koordinaten ließ sich irgendwie nicht wirklich ausmachen. Den GPS Daten zur Folge hatte es fast den Anschein, als würden die Segler vor uns fliehen und aus unerfindlichen Gründen einem Treffen ausweichen. So hielten wir erst am allerletzten Campingplatz vor Genua, nämlich dem nördlichsten der Insel, namens U Stazzu. Die letzten Meter hinter Macinaggio, der Ausschilderung folgend, verliefen über so schmale, verwinkelte und mit Schlaglöchern übersäte Pisten, dass der anreisende Camper auf den Gedanken kommen könnte, komplett falsch geleitet worden zu sein oder wenigstens doch eher nicht willkommen zu sein.

Finde das Segelboot

Am Ende standen wir dann erneut auf dem Campingplatz, den wir damals auf unserer ersten Cap Corse Umrundung zwar angefahren und so ausgiebig erkundet hatten, dass wir eigentlich dachten hier schon einmal übernachtet hatten, aber dann am Ende doch verschmäht hatten. Dieses Mal gab es jedoch kein Zurück mehr, da, wie sich mittlerweile rausgestellt hatte, die Segler bereits direkt in der Bucht vor dem Campingplatz vor Anker lagen. Nach Erkundung der noch feien Kapazitäten des Platzes, entschieden wir uns für zwei hintereinander liegende Stellplätze an einem steilen Hang, dessen Steigung es sicherlich nicht mal in den Streckenplan einer Tour de France Bergetappe geschafft hätte. Bei der Einnahme des Platzes unterlief mir dann bereits der zweite Fahrfehler des Tages, als ich kurz vor Erreichen des Ziels im steilsten Stück der Rampe zu stehen kam und den Motor am Anschluss abwürgte. Schweißgebadet, aber immerhin ohne weiteren Blechschaden ließ ich mich langsam unter Zuhilfenahme der Handbremse wieder abwärts rollen, um beim zweiten Anlauf das Plateau des Stellplatzes doch noch zu erklimmen.

Nicht ganz eben, aber immerhin staubig…

Kurze Zeit später standen dann auch schon Andreas und Rebekka auf dem Campingplatz. Da der Seglercrew nach der ganzen Zeit an Bord ein selbstauferlegter Landgang verordnet worden war, schlossen wir uns dieser kleinen Wanderung an und verschoben die Besichtigung des Schiffs ein wenig nach hinten. Die anderen Crewmitglieder waren allerdings bereits unterwegs zu irgendeinem Aussichtspunkt in der näheren Umgebung. Wir bildeten somit die Nachhut und kamen auch nur bis zu nächsten kleinen Bucht, kurz vor dem Plage de Tamarone, und machten dort eine kleine Rast, die von den meisten zu einem Erfrischungsbad in glasklarem Wasser genutzt wurde. Da wir davon absahen, den anderen entgegen zu gehen, sondern uns im Gegenteil bald schon auf den Rückweg machten, waren wir auch früher wieder zurück am Boot. Rebekka durfte uns dann ihre Skills im Steuern des kleinen Dingis präsentieren, mit dem sie uns vom Strand zum Segelboot chauffierte. Als es darum ging, die nun auch zurückkehrenden anderen Crewmitglieder, die nicht schwimmend zum Boot gelangen wollten, mit Hilfe des Dingis abzuholen, war Rebekka jedoch sehr dankbar, dass sich Matthias dieser ehrenvollen Aufgabe annahm. Böse Zungen würden behaupten, dass sie ansonsten bis zur kompletten Leerung des Tanks in wilden Kreisformationen rund um das Segelboot getuckert wäre.

Die kleine private Badebucht mit glasklarem Wasser
Matthias macht den Fährmann

Den langen Rückweg vom Segelboot an Land nach einem Plausch mit der Besatzung, zu dem stilvoll Pastis gereicht wurde, bestritten Jutta, Matthias und ich todesmutig in Manier eines Langstreckenschwimmers aus eigener Kraft, während Kerstin und Leah zusammen mit unseren trockenen Klamotten wiederum das Dingi als Beförderungsmittel wählten. Das letzte Stück zum Campingplatz zurück war ein Katzensprung und ließ sich problemlos in den nassen Badeklamotten zurücklegen. Am Ende des Tages konnten wir uns alle schon auf einen kleinen Segeltörn freuen, zu dem wir uns am Folgetag verabredet hatten.

Man beachte den weiten Weg vom Boot am unteren mittleren Bildrand bis zum Strand ganz rechts
Ölf war gleich in der für ihn so typischen Chefrolle am Steuer
Statistik

Ü18: 11.06.2022 -> 12.06.2022 in Prunete (183.512 km)

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