Der nächste Stopp auf unserer Reise war im mondänen Badeort Saint-Jean-de-Monts und damit hatten wir die Bretagne bereits hinter uns gelassen und tauchten in die Region Pays de la Loire ein. Der Weg zur Ile de Ré schien uns für eine Etappe noch zu weit zu sein, so dass wir etwa auf halber Strecke ein schönes Plätzchen suchten. Und so ein Badeort ist ja an sich eine nette Sache.
Unsere Unterkunft war auch schnell gefunden, da durchweg alle Rezensenten offenbar nach ihrem Besuch vor Ort am liebsten die Betreiber des familiengeführten Campingplatzes adoptiert hätten. Als äußerst liebenswert und hilfsbereit wurden sie ausnahmslos beschrieben und auch der Platz wäre so bezaubernd, dass man gar nicht wieder weg wolle. Auch wir konnten an der vorhergesagten Freundlichkeit unserer Gastgeber tatsächlich nichts aussetzen und auf dem Platz fanden wir ebenfalls eine gemütliche kleine von Hecken umsäumte Parzelle. Sogar der auf 29 Grad temperierte Pool der Anlage wurde ganze zweimal begeistert von Jutta für einige Bahnen frequentiert. Das ist ihr vorher noch auf keinem Campingplatz passiert.
Kommen wir nun zur Beschreibung der Umgebung außerhalb unserer kleinen Wohlfühloase. Der erste Gang nach Ankunft auf einem Campingplatz am Meer ist selbstverständlich der zum örtlichen Strand. Der Weg dorthin führte durch ein schönes mit Pinien bepflanztes Dünenwäldchen und endete an einem an sich sehr schönen Strandabschnitt. Leider hatte dieser aktuell aber mit einem erheblichen Algenproblem zu kämpfen. Ein Räumdienst ist an diesem Abschnitt offenbar nicht vorgesehen und so lag der Uferbereich voll mit Seegras, welches unappetitlich vor sich hin dünstete und ein Geruch verströmte wie der Biomüllabfallplatz vom Hamburger Fischmarkt. Da dieser Algenteppich leider auch recht weit in das Wasser hineinragte, war an einen Badespaß im herkömmlichen Sinne nicht wirklich zu denken.
Dieser erste Eindruck schreckte uns aber natürlich nicht ab. Schließlich hatten wir ja den schmucken Badeort Saint-Jean-de-Monts noch nicht gesehen. Am nächsten Tag schwangen wir uns also mal wieder auf die Räder und düsten auf einem sehr schönen und offiziellen Vendeé-Radweg durch den Piniengürtel in Richtung Downtown. Doch wie soll man beschreiben, was uns dort erwartete? Am ehesten lässt es sich vielleicht mit der Karikatur eines mondänen Seebades a la Brighton vergleichen. Entlang der asphaltierten Strandpromenade mit eigenem Radfahrstreifen gab sich ein betonierter Hotelkomplex dem nächsten die Klinke in die Hand. Gerade in der Nachsaison wirkte das insgesamt etwas überdimensioniert. Die weit ins Meer hineinragende Seebrücke hatte olfaktorisch ebenso mit den Algenflut zu kämpfen wie unser Strand, was aber eine Heerschar von Anglern nicht davon abhielt, munter kleine Sardinen aus dem Meer zu fischen.
Als Höhepunkt der Promenade darf sicherlich das große weiße Riesenrad gelten, welches zwar in Betrieb war, aber nicht gerade als Publikumsmagnet auftrat. Das insgeheime Highlight war jedoch die Prachtflaniermeile, die neben der einen oder anderen Bar auch mit kleinen schäbigen Modeboutiquen und tatsächlich etlichen menschenleeren Läden mit Glücksspielautomaten aufwarten konnte. Auch hier könnte womöglich die Tatsache, dass wir uns schon in der Nachsaison befinden, unser Urteil ein wenig unfair beeinflusst haben. Es schien eben alles schon so ein wenig auf Sparflamme zu köcheln. Aber alleine die leeren Augen der Besucher einer der Bars, an denen wir vorbei schlenderten, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Alles in allem fanden wir ein Seebad des Grauens vor, ein Brighton für die nicht ganz so Reichen und Schönen…
Statistik
Ü40: 15.09.2019 -> 16.09.2019 in Saint-Jean-de-Monts (135.404 km)
Ü41: 16.09.2019 -> 17.09.2019 in Saint-Jean-de-Monts (135.404 km)
Das Wetter spielt mit, das Meer ist so nah. Da wird sich doch hoffentlich bald ein schöner Strand für ein Bad im Meer finden. Ihr seit ja schließlich im Sommerurlaub. Aber immerhin hat sich ein schöner warmer Pool finden lassen. Das ist doch ein Schritt in die richtige Richtung.