Heute stand abermals ein Strandtag auf dem Programm. Allerdings dieses Mal nicht zum Sonnenbaden und in den Dünen liegen. Denn zum einen war die Sonne heute nicht ganz so ergiebig wie gestern und zum anderen war auch heute wieder der Wind so kräftig, dass in Bodennähe wieder nur ein Hardcore Peeling zu holen war. Stattdessen gelüstete es uns nach einem ausgedehnten Strandspaziergang. Die einzige Entscheidung, die wir zu treffen hatten, war, ob wir erst gegen den Wind oder mit dem Wind im Rücken starten wollten.
Wir entschieden uns dafür, zunächst die Gegenwindrichtung einzuschlagen, um uns im Notfall nach einem strapaziösen Gewaltmarsch, nur noch vom Rückenwind getragen, zurück pusten zu lassen. Also flugs die Schuhe und Socken ausgezogen und verstaut und ab an die Wasserkante, um dort barfuß im Wasser entlang zu wandern. Mit uns hatten etliche andere auch die Idee, eine Wanderung am Wasser zu machen. Interessanterweise waren die aber fast alle dick eingepackt mit langen Hosen und dicken Wanderstiefeln oder sogar Gummistiefeln. Schon erstaunlich wie unterschiedlich die Temperaturen so wahrgenommen werden. Wir sind halt noch im Sommerurlaub, während die meisten anderen vermutlich schon in ihren Herbstferien unterwegs sind.
Als wir uns nach etwa fünf Kilometern gerade so richtig warm gelaufen hatten, erreichten wir eine Reihe quer über den Strand aufgestellte Holzpflöcke, in deren Mitte dann zusätzlich noch ein Warnschild aufgestellt war. Wir vermuteten schon, dass ab hier das südlich von Henne Strand befindliche militärische Sperrgebiet anfangen würde, und wir nur mehr robbend voran kommen würden. Aber weit gefehlt! Das Hinweisschild warnte vor verunreinigtem Sand und Wasser. Kontakt zu diesen Elementen sollte dringlichst vermieden werden. Ein Glück wehte der Wind ja genau aus dieser Richtung tonnenweise kontaminierten Sand in unser Gesicht. Eine kleine Wohlfühloase…
Also drehten wir um. Nach einer ganzen Weile standen wir plötzlich vor einer ganzen Reihe von ebenfalls wieder dick angezogenen Frauen unterschiedlichen Alters, die mit weit ausgestreckten Armen am Ufer standen, ins Meer blickten und dann völlig unvermittelt anfingen zu schreien. Ein wenig konsterniert schauten wir uns die Szenerie an und sahen, dass sich auch wenigstens ein Mann unter die Menge gemischt hatte. Man konnte ihn insbesondere am lautesten und tiefsten Schrei sehr gut identifizieren. Nach und nach liefen weitere Frauen aus den Dünen an die Wasserkante, um sich dort aufzubauen und dann ebenfalls anzufangen zu schreien. Was für ein hanebüchenes Schauspiel uns dort geboten wurde. Ein Haufen von sicherlich zwanzig auf esoterischen Abwegen wandelnde Frauen, die sich offenbar mittels einer Urschrei-Therapie von ihren seelischen Qualen zu befreien versuchten. Wir suchten nur noch das Weite, begleitet von vielen weiteren Schreien, die dank der Windrichtung noch lange mit uns schwangen.
Wo wir gerade von merkwürdigen Gestalten sprechen. Ein paar Stellplätze weiter auf unserem Campingplatz befindet sich ein Wohnwagen, der von zwei Personen bewohnt wird. Auf den ersten Blick dachten wir, dass es sich bei der einen Person um eine in die Jahre gekommene Bodybuilderin mit einem Faible für die Farbe Pink handelt. Nach nun mittlerweile mehreren Tagen der Sammlung von Indizien kann man aber nur noch zu dem Schluss gelangen, dass unsere sicherlich fast 1,90m großen Nachbarinnen vor einiger Zeit noch Männer waren. Insbesondere die pinke Lady ist aber offensichtlich noch in der Findungsphase eines grazilen femininen Gangs. Ihre Brüste stehen dagegen schon wie eine eins, wie wir erstaunt eines Morgens erfahren durften als sie sich nur mit einem pinken Rock bekleidet auf der Wiese zwischen unseren Herbergen recht burschikos die Zähne putzte.
Mittlerweile verschärft sich die Windsituation hier weiterhin und die Wetteraussichten auf allen Kanälen sind längst nicht mehr so brillant wie sie sein sollten. Wir planen also so langsam den Abschied aus Henne Strand und sind gespannt, wo wir uns morgen Abend befinden werden.
Statistik
Ü48: 18.09.2018 -> 19.09.2018 in Henne Strand (106.355 km)
Wo seid Ihr denn da gelandet? Esoterische Freaks, kontaminierter Strand und queere Nachbarn (Wievele ‚e‘ sind eigentlich korrekt?). Den Ladyboy im pinken Rock hätte ich schon gerne einmal im Bild gesehen …
Den Einwand können wir allzu gut verstehen. Allerdings kommt so eine Fotosession ja schon ein bisschen aufdringlich rüber. Und die beiden „Damen“ sind auch immer so schnell vorbei gehuscht als wären sie auf der Flucht, da konnte man auch nicht mal eben so aus der Hüfte ein Bild knipsen…