Auf der Fähre lernten wir ein sechsköpfige Familie aus Westfalen-Lippe lieben. Es gab genau einen großen Salon, in dem sich alle Passagiere aufhalten konnten, so sie denn über Deck nicht nass regnen und erfrieren wollten. Die Abfahrt verzögerte sich, so dass wir von 22 Uhr bis 2 Uhr nachts unterwegs waren. Dementsprechend hingen eigentlich alle Fahrgäste mehr oder weniger in den Seilen und wollten etwas vor sich hin dösen.
Nicht so die westfälischen Frohnaturen aus Detmold oder Umgebung. Trotz höflicher Aufforderung um eine ein wenig gedämpftere Lautstärke, da zwei Babys krampfhaft versuchten in den Schlaf zu kommen, haute die ganze Familie dann erst so richtig auf die Kacke und verhöhnte unter sich sogar die Bittstellerin im Nachgang. Da wünschten wir uns eine andere Muttersprache, da wir den Rest der Überfahrt mit Extrem-Fremdschämen beschäftigt waren. Wenn Eltern in Deutschland heutzutage in so penetrant selbstgerechter und sozial inkompetenter Weise eine Lebensweise vor ihren eigenen Kindern vorleben, dann wird mir angst und bange.
Um zwei Uhr ging es dann also in Bodø an Land. Dank telefonischer Unterstützung aus Osnabrück war die Ursache eines fremden, Unruhe bringenden Geräuschs im Bulli schnell identifiziert. Die Lüftung im Heck war der Übeltäter und wird nun eben ausgeschaltet. Durch die menschenleere Stadt fuhren wir zunächst in Richtung Norden. Dort stellten wir uns auf den Parkplatz vor dem Campingplatz, da die Schranke natürlich um die Zeit schon verschlossen war. In der Ungewissheit, ob wir morgens um halb sieben vom Hausmeister unsanft aus dem Schlaf gerissen werden, da explizit „No Camping“ auf dem Parkplatz ausgewiesen ist, gingen wir zu Bett.
Ungestört wachten wir so gegen neun Uhr auf, packten schnell unsere Sachen und brachen auf zu einem erneut sonnigen Frühstück am Saltstraumen, dem weltweit größten und imposantesten Gezeitenstrom, der ein paar Kilometer südlich von Bodø zu finden ist. Durch eine sehr schmale Meeresenge strömen alle sechs Stunden im Wechsel die Wassermassen erst in die eine und dann in die andere Richtung. Dabei entstehen Strudel wie der Teufel und Fließgeschwindigkeiten von angeblich bis zu 20 Knoten.
Danach ging es weiter über relativ unbefahrene Straßen ins Landesinnere. Und wenn sich der Elch auch nur annähernd an die vereinbarten Straßenschilder im ganzen Land halten würde wie z.B. Schafe, dann hätten wir ihn schon längst von ganz nah gesehen. So aber mussten wir mit kompletten Schaf- und auch Ziegenherden, die unbeaufsichtigt eine Siesta auf dem leicht angewärmten Asphalt machten, vorlieb nehmen. Da fühlt man sich instinktiv nach Hengasch in die Eifel versetzt.
Im weiteren Verlauf machten wir einen Stopp an einem reißenden Strom mit Stromschnellen, fuhren über beeindruckende Hochebenen und nahmen natürlich – fast schon traditionell – ein Eis am Polarkreis zu uns. Das bedeutet natürlich aber auch, dass es ab jetzt für uns nachts schon wieder amtlich dunkel werden wird. Dabei hat man sich doch gerade erst daran gewöhnt, dass man gar keine Lampen benötigt…
Station machen wir heute an einem sehr kleinen und ruhigen Platz direkt am Fluss Ranaelva, natürlich auch mit Stromschnellen vor der Haustür, in Krokstrand. An den Stromschnellen sind wir nach dem Abendbrot noch ein wenig rumgekraxelt, ohne uns auf den glitschigen Steinen die Beine zu brechen.
Statistik
Ü43: 30.07.2017 -> 31.07.2017 in Bodø (72.073 km)
Zurückgelegte Strecke
Tag 21 (Bodø-Krokstrand): 195 km
Insgesamt: 4.850 km