Am Samstagabend legte dann auch unsere Fähre von Bastia ab, um uns zurück ans italienische Festland zu bringen. Genügend Zeit, um den Tag gemütlich anzugehen, die sieben Sachen zusammenzuräumen, ein letztes Bad im Meer zu nehmen und noch die eine oder andere Leckerei aus dem Supermarkt zu besorgen. Früh genug vor der Abfahrt trafen wir mit unzähligen weiteren, zumeist süddeutschen Urlaubern, am Hafen ein und schwitzten dort in der prallen Sonne um die Wette. Beim Warten darauf, dass wir endlich in den Schlund des Schiffes einfahren durften, grübelten wir nochmals darüber nach, wie sensationell einfältig unsere Idee gewesen war, unbedingt genau die Fähre nehmen zu wollen, mit der erwartungsgemäß alle anderen Pfingstferienurlauber an diesem Wochenende nach Hause fahren mussten, um ihre schulpflichtigen Kinder am folgenden Montag wieder hochmotiviert in den Unterricht zu schicken.
Aufgrund der daher vermutlich nahezu ausgebuchten Fähre war es natürlich nicht ganz so einfach, ein lauschiges Plätzchen an Deck zu ergattern. Sehr hilfreich für dieses Unterfangen stellten sich abermals unsere formschönen Klappsitze heraus, mit denen man sich lediglich ein freies Areal auf dem Boden suchen musste. Nachdem dieses gefunden war, ließen wir uns unter den neidvollen Blicken der übrigen Fahrgäste nieder, die auf der Suche nach einer Bleibe für die Überführung nach Livorno zwischen den wenigen draußen angebotenen und sehr bald schon besetzten Sitzgelegenheiten hin und her pilgerten. Falls der Hersteller unserer Klappsitze zufällig diese Zeilen liest, wir haben ordentlich Werbung für euch gemacht.
Die Überfahrt stellte sich im Verlauf als äußerst windig heraus, so dass man nach einer gewissen Zeit befürchten musste, mit der Nackenverspannung des Jahrhunderts wieder von Bord kriechen zu müssen. Aber stetige Dehnübungen der beanspruchten Muskulatur sollten diesem Szenario hoffentlich entgegen wirken. Ob es die günstigen Windverhältnisse waren oder ob der Kapitän noch eine Verabredung an Land hatte, konnte nicht gänzlich aufgeklärt werden, aber viel früher als erwartet bog die Fähre in den Ankunftshafen ein. Also machten sich die Fahrgäste bereit, den Weg zu ihren Fahrzeugen anzutreten.
Wenig aufschlussreich waren in diesem Kontext leider die Lautsprecherdurchsagen, die zumindest formal vorzugeben schienen, in drei verschiedenen Sprachen angeboten zu werden, die allerdings auch vom aufmerksamen Zuhörer nur in Nuancen zu unterscheiden waren. Da klang französisch wie italienisch wie englisch. Dieses Kunststück muss dem Sprecher erstmal jemand nachmachen. Bei einem Schiff voller deutscher Passagiere jedoch darauf zu vertrauen, dass man mit diesem Angebot eine gewisse Struktur in die Abläufe des Verlassen der Fähre bringen könnte, war gelinde gesagt ambitioniert. Eine deutschsprachige Durchsage fehlte ebenso wie eine offene Tür zu denjenigen Autodecks, die als erstes aufgerufen worden zu sein schienen. Unglücklicherweise handelte es sich dabei genau um die Tür, durch die auch wir wieder zu unserem Camper gelangen wollten. Während die Durchsagen für die besagten Autodecks etliche Male und gefühlt immer energischer wiederholt wurden, regten sich die Anweiser unter Deck vermutlich schon darüber auf, dass diese verpeilten deutschen Touristen partout nicht wieder zu ihren Autos kommen wollten und somit das ganze Ausfahrprozedere komplett torpedierten. Nach gefühlten Stunden kam wenigstens ein schlauer Mitarbeiter an Bord auf die Idee mal nachzusehen, warum denn ein Teil des Autodecks noch jungfräulich und unberührt verharrte. Als dann endlich die verschlossene Tür zum Treppenabgang geöffnet wurde, musste es aber auch ganz schnell gehen. Unter lauten „Avanti, Avanti“-Rufen verließen wir fluchtartig den Bauch des Schiffes, glücklicherweise ohne selbst dabei noch von anderen hektisch angetriebenen Urlaubern überfahren zu werden. Eine gute Organisation ist halt durch nichts zu ersetzen…
Aufgrund der späten Stunde bei der Ankunft am Festland hatten wir schon im Vorfeld entschieden gar nicht mehr so weit fahren zu wollen. Ein erneuter Versuch bei den leichten Damen von Pisa kam für uns nicht in Frage und ewige Strecken in die Berge wollten wir auch nicht nochmal unternehmen. So fiel die Wahl auf einen Campingplatz vor den Toren von Pisa mit ausgewiesenem Camper Stop, der zu jeder Zeit angefahren werden konnte. Doch der Weg dorthin war auch schon nicht ganz ohne. Nach der Abfahrt von der Schnellstraße kamen wir in tief schwarzer Nacht durch eine schmale, immerhin leidlich asphaltierte Gasse, die zu beiden Seiten mit riesigen Müllbergen bestehend aus Kühlschränken, Autoreifen und allerlei anderen Unrat gesäumt war. Als dann auch noch an genau dieser Stelle das einzige entgegen kommende Auto die Geschwindigkeit reduzierte, wähnten wir uns schon wieder auf der Flucht vor irgendwelchen Schwerenötern, die sich womöglich einfach auf die falsche Seite der Schnellstraße verirrt hatten und eigentlich zu den leichten Damen wollten…
Auf dem weiteren Weg waren wir immerhin unbehelligt, aber gut an das Straßenverkehrsnetz angeschlossen ist der Campingplatz wahrhaftig nicht. Immerhin war die Nacht ruhig und der Platz sauber, so dass wir am nächsten Morgen weitestgehend erholt auf einer großen Wiese unter Bäumen vor den Toren des Campingplatzes frühstücken konnten. Diese Wiese entpuppte sich alsbald als beliebter Treffpunkt von einheimischen Großfamilien zum sonntäglichen Brunch. Nach und nach füllten sich die Picknicktische unter den Bäumen, die Grillkohle wurde angefacht und die Kinder liefen johlend hinter irgendwelchen Bällen hinterher.
Zeit für uns, am vermutlich heißesten Tag des Urlaubs, die lange Rückfahrt anzutreten. Die Idee in den Bergen des Toskanisch-Emilianischen Apennin zwischen La Spezia und Parma eine luftige und nicht so heiße Mittagspause einzuschieben, zerstob leider aufgrund der auch hier hitzigen Temperaturen und der obendrein fehlenden Schattenplätze zu Staub. Stattdessen konnten wir lernen, dass man vermeintlich zu teure Müllgebühren doch sehr einfach mit Hilfe von großen Müllsäcken und überfüllten Mülleimern auf abgelegenen Autobahnraststätten minimieren kann.
Rechtzeitig vor der Schweizer Grenze überprüften wir nochmal die Verkehrslage über das Mobiltelefon, bevor wir selbiges ausschalteten, um nicht erneut in die Eidgenössische Kostenfalle zu tappen. Was wir dort sahen, gefiel uns allerdings nicht sonderlich. Offenbar trafen sich alle rückreisenden Pfingsturlauber kurz vor dem Gotthardtunnel, um dort auf der Autobahn, einem riesigem Parkplatz gleichend, ein munteres Stelldichein zu begehen. Da wir jedoch keine explizite Einladung dazu bekommen hatten, fuhren wir in weiser Voraussicht kurz vor dem Stau von der Autobahn ab, um mal wieder den landschaftlich ja auch viel schöneren Gotthardpass zu erklimmen. Nach einer kurzen Erfrischungspause auf dem Rastplatz kurz vor dem Kulminationspunkt des Passes ging die Fahrt auch schon reibungslos und staufrei weiter, zumindest bis wir ein klitzekleines Stück der Abfahrt des Passes bezwungen hatten. Denn auf einmal war die wenige Augenblicke zuvor noch durchaus freie Strecke wie durch Zauberhand überfüllt mit im Schritttempo fahrenden Fahrzeugen. Muss ein böser Zauberer gewesen sein. Erst als wir wieder die Autobahn erreichten, löste sich dieser stockende bis zäh fließende Verkehr langsam auf und wir konnten in normaler Reisegeschwindigkeit den immer noch langen Rest der Rückfahrt bestreiten. Weit nach Einbruch der Dunkelheit kamen wir in Karlsruhe an und verschoben das Ausräumen des Autos auf unsere Ankunft in Osnabrück einige Tage später. Wird mal wieder Zeit für Urlaub, wie ich finde…
Statistik
Ü25: 18.06.2022 -> 19.06.2022 in Pisa (183.860 km)