Nun war es endlich soweit. Es half kein Weinen und Beschwören von irgendwelchen Ausfalltheorien wegen schlechtem Wetter, Eisglätte, Nebel oder Langeweile. Papa wurde am Samstag 80 Jahre alt. Zu diesem herausragenden und im höchsten Maße feierlichen Anlass wurde daher wider Erwarten ob der oben aufgeführten Beispielausreden eingeladen. Im Laufe des Freitags trafen dann auch die ersten Gäste ein, insbesondere die drei Söhne mit ihren Familien. Und schwuppdiwupp war das Haus voll, so dass Oskar und Christine aus Waging sogar in ein Hotel ausquartiert werden mussten.
Der Geburtstagssamstag begann mit einem ausgiebigen 17-Personen-Frühstück zu Hause. Langsam sollte man sich mal Gedanken über einen Anbau oder einen Durchbruch zu den Nachbarn machen, damit ein neuer größerer Esstisch für so große Festmahle auch irgendwie gestellt werden kann. Ein Feng-Shui-Experte wäre nämlich vermutlich höchst unzufrieden mit der diagonal im Raum stehenden Tafel gewesen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Der Köstlichkeit der aufgetischten Speisen (inklusive gefühlter 28 Canelbrötchen und fast ebenso vieler Kümmelstangen) tat das selbstredend keinen Abbruch.
Zu der Tatsache, dass der Geburtstag nicht dem Nebel zum Opfer gefallen war, hatten wir das große Glück, dass sich unser sorgsam ausgesuchtes Geschenk nicht im ersten Moment als überflüssig herauskristallisierte. Nun hat auch Papa endlich sein erstes Apfelgerät und muss zum Surfen nicht mehr zwingend die unzähligen Treppenstufen ins Computerzimmer hinaufsteigen.
Als der erste Hunger so langsam gestillt war, stand auch schon der nächste Programmpunkt auf dem Plan. Um 12 Uhr waren die Gäste in den Jürgenshof geladen. Das junge Gemüse und die Junggebliebenen, die kein akutes Fußleiden geltend machen konnten, machten sich zu Fuß durch das sommerliche Bremen auf den Weg. Dieser führte uns vorbei am Weserstadion, welches sich schon für das anstehende Abendspiel gegen die Betriebssportgruppe eines großen niedersächsischen Autoherstellers herausgeputzt hatte. Bereits sechs Stunden vor dem Anpfiff war ein reges Treiben vor Ort festzustellen. Beim Vorbeigehen träumte der eine oder andere noch von der nahezu unerreichbar erscheinenden Möglichkeit eines Stadionbesuches bei einem wahrhaftigen Punktspiel der ohne Frage beliebtesten Fußballmannschaft des Landes…
Im Jürgenshof wurden wir wie gewohnt mit köstlichen Speisen verwöhnt, die in so ausreichend großer Menge dargeboten wurden, dass wir einiges davon auch noch eingepackt mit nach Hause nehmen konnten. Nennenswerte Programmpunkte im Jürgenshof waren neben der Überreichung und Verköstigung der aus sage und schreibe zwanzig Tafeln Schokolade hergestellten Geburtstagstorte der 12-jährigen Lina selbstverständlich auch die musikalische Darbietung des Stückes „Zum Geburtstag viel Glück“ auf der Blockflöte von Jolina, nebst Begleitung auf dem Klavier.
Als einleitende Worte für das musikalische Intermezzo schaffte ich es tatsächlich endlich, die schon seit der Goldenen Hochzeit im vergangen Dezember stets vage in der Luft schwebende Idee umzusetzen, eine Rede zu Ehren des Jubilars zu halten. Doch auch trotz des immer intensiver werdenden Drängens von Jutta, je näher der Termin kam, blieb die Vorbereitung der Rede doch bis zum Schluss leider sehr rudimentär. Es geht doch nix über freies Sprechen ohne Manuskript. Lediglich mit ein paar Stichworten in den Notizen des Smartphones bewaffnet, versuchte ich ein paar nennenswerte Erinnerungen an das Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Wenn ich nur ein ausformuliertes Manuskript vorbereitet hätte, könnte ich es hier mit abdrucken. Da es das aber nicht gab, bleibt der Inhalt wohl allenfalls in den Köpfen den Anwesenden hängen, denen es nicht zu hakelig und sprunghaft war und darüber eingenickt sind…
Und wenn man das nicht täglich macht, ist das Schreiben und vor allem Halten einer Rede doch wirklich kein Selbstläufer. Nur weil ich an dieser Stelle ein paar Gedanken und Erlebnisse in Form dieses Blogs niederschreibe, bin ich leider noch lange kein Redenschreiber. Nachdem das aber vollbracht war, konnte ich als Belohnung wenigstens noch eine gute Portion des Nachtisches vertilgen.
Im Laufe des Nachmittags stellte sich heraus, dass Jona, einer der träumerischen Jungspunde des Vormittags, tatsächlich von seiner Patentante einen Besuch im Weserstadion für den gleichen Abend zu seinem 13. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Dazu musste nur noch schnell das bei den Großeltern bereitliegende Werdertrikot herangeschafft werden und dann konnte das Abenteuer Fußballstadion beginnen. Und wie es der grün-weiße Fußballgott so wollte, sprang am Ende, auch mit Hilfe der vom Schiedsrichtergespannes ausreichend lang herausgezögerten Nachspielzeit, der erste Pflichtspielsieg der noch jungen Saison für den glorreichen SVW heraus. Ein hoffentlich prägendes Erlebnis!
Ein ebenso prägendes Erlebnis war für den Rest der Familie der Freudenjubel des mit einer leichten Erkältung geplagten Finn. Durch die Nähe zum Weserstadion konnte er im Bett liegend das Nebelhorn hören, das sie stets einspielen, wenn mal wieder eines der vielen Tore für die Heimmannschaft gefallen ist. Mit lautem Getöse und sehr kurzem Beinkleid stürmte er ins Esszimmer und vollführte einen prächtigen Freudentanz.
Alles in allem konnte man das Gefühl bekommen, dass sich das Geburtstagskind dank der vielen lieben Gäste, des schönen sommerlichen Wetters und der ausgelassenen Stimmung (und natürlich nicht zuletzt dank des sportlichen Erfolgs der Grün-Weißen) recht wohl an seinem Jubeltage gefühlt hat. Falls dieser Eindruck getrogen haben sollte, bitte ich um berichtigende Kommentare.
Am Sonntag mussten sich dann leider alle wieder verabschieden und auch wir machten uns auf den langen Weg zurück nach Karlsruhe, hatten aber wieder zwei neue Übernachtungen auf unserem Konto.
Statistik
Ü34: 23.09.2016 -> 24.09.2016 in Bremen (47.751 km)
Ü35: 24.09.2016 -> 25.09.2016 in Bremen (47.751 km)