Auch der neue Tag brachte keine wirkliche Abkühlung. Wir entschieden uns daher, weiterhin in den Bergen zu bleiben und das verheißungsvoll angepriesene Restonicatal anzufahren. Hier sollte es zahlreiche schöne Badestellen mit glasklarem Wasser geben. Die Hoffnung auf eine willkommene Abkühlung war somit zum Greifen nahe, da wir uns ja bereits unweit von Corte, dem Einstiegspunkt zum Tal, befanden. Da konnten wir es uns sogar leisten, eine vom Navigationsgerät unserer vorausfahrenden Mitstreiter leichtfertig vorgeschlagene Route mitten durch die engen Gassen der Innenstadt von Corte auszuprobieren. So können wir nun fast behaupten, dass wir uns in der ehemaligen Hauptstadt Korsikas auskennen wie in unserer Westentasche.

Abfahrt vom Camping Campita

Im Gegensatz zu den doch eher lauwarmen Temperaturen des Flusses Golo am Vortag war die Restonica tatsächlich noch ein paar Grad kälter. Der geplanten und anvisierten Abkühlung im Wasser stand also nichts im Wege. Selbst Ölf wurde es im Laufe der Zeit so warm, dass er seine sich selbst auferlegten strikten Vorsichtsmaßnahmen bezüglich wassernahen Aktivitäten beinahe übermütig beiseite wischte und geradezu elfengleich über die aus dem sprudelnden Wasser ragenden, mitunter sehr glitschigen, Steine tänzelte. Diese Leichtigkeit in den Bewegungen überzeugte uns alle so sehr, dass wir nach einer kleinen Stärkung ebenfalls über die Steine hüpfend und durch etliche Furten watend ein Stück den Fluss hinauf spazierten.

Ölf tastete sich vorsichtig heran …
… wurde aber schnell mutiger …
… einige würden vielleicht sogar übermütig sagen
Rauschende Fluten…
… sind wahrhaftig ein Kinderspiel

Es ging vorbei an einer Gruppe von mehreren jung gebliebenen Bikini-Schönheiten, die sich in zahlreichen sehr ähnlichen Posen gegenseitig ablichteten. Vermutlich wollten sie die einschlägigen Social Media Kanäle befüttern und ihren daheim gebliebenen nach medialem Nachschub gierenden Anhängern neues Material zukommen lassen. Aber vielleicht waren die Bilder auch nur für das heimische Fotoalbum gedacht. Wer weiß das schon? Was man aber auf jeden Fall nach dem heutigen Tag weiß, ist, dass Mädchen um einiges mutiger sind als Jungen.

Die idyllische und erfrischende Restonica

Unsere Wanderung endete an einem durchaus beachtlichen Felsbrocken, den einige Kinder als Sprungturm in das darunter liegende kühle Nass verwendeten. Während die beiden Mädchen der Gruppe nach Erklimmung des Felsens nicht viele Worte verloren und sich mit lautem Gejohle in die Fluten stürzten, diskutierten die Jungen der Gruppe unentwegt auf der Absprungplattform miteinander. Vermutlich ging es um die zu erwartende ballistische Kurve beim bevorstehenden Sprung, den telegensten Absprungwinkel oder die allgemeine Großwetterlage der nächsten zweieinhalb Tage. Sie seilten sich wichtigtuerisch auf eine tiefer gelegene Ebene ab, um auch dort wissenschaftliche Messungen zu unternehmen, über die Felskante hinunter zu blicken und anschließend trockenen Fußes wieder nach oben zu steigen. Dieses Spektakel schauten wir uns gefühlte zwei Stunden an, ohne dass auch nur ein Tropfen Flusswasser einen der Körper der Jungen benetzte. Kurz bevor wir die „Langweilig, langweilig“-Sprechchöre von unten anstimmen wollten, sprang doch einer der Jungen ins Wasser. Also Mädchen sind insgesamt mutiger als Jungen!

Der Sprungturm von oben

Womöglich eingelullt von dieser Szenerie oder angestachelt ob der Mutlosigkeit der Jungen und im Versuch die Ehre der männlichen Badegumpenbesucher zu retten, passierte mir kurz darauf ein folgenschwerer Fehltritt. Am Rand des Flusses versuchte ich vermeintlich zielsicher, so wie ich es zuvor bei Ölf gesehen hatte, über ein paar Steine zu klettern als ich kurz stoppte, um den weiteren Weg zu inspizieren. In diesem Moment des Innehaltens spürte ich, dass mein nasser Fuß sich langsam aus dem Sicherheitsbadeschuhen löste. Im nächsten Augenblick schlupfte der Fuß komplett aus dem Croc und ich konnte mich nur noch mit dem rechten Knie unsanft auf dem Felsbrocken abfedern. Die Folge war eine leicht blutende häßliche Schürfwunde unterhalb des rechten Knies. Ein Glück war das Flusswasser so erfrischend kalt, dass ich gleich die Wunde kühlen konnte.

Aua! Aber fachmännisch verarztet.

So lädiert war der Badespaß für den Tag für mich beendet. Stattdessen wurde die Wunde fachmännisch verarztet und die Weiterreise angetreten. Anstatt doch noch den weiten Weg an die Westküste zu unternehmen, an der sich die California Camper aus Heidenheim mittlerweile aufhielten, wählten wir den schnellen Weg zurück zur Ostküste der Insel. Auf Empfehlung von Leah steuerten wir den von ihr so benannten Cool Camping bei Aleria an. Dabei sollte es sich um einen phantastischen, kinderfreundlichen und auch sonst sensationellen Campingplatz handeln, den die Familie bereits beim letzten Besuch der Insel einige Tage besucht hatte. Das schien uns doch auf jeden Fall einen Besuch wert zu sein.

Welch Fehleinschätzung dies war, offenbarte sich uns dann aber sofort vor den Toren des Platzes. Statt eines ruhigen idyllischen Fleckchen Erde standen wir vor einer riesengroßen Kirmes mit Hüpfburgen und einer überdimensionierten Wasserrutsche. Doch von diesem ersten Eindruck ließen wir uns natürlich nicht in die Irre leiten. An der Rezeption wurden Kerstin die letzten zwei nebeneinander liegende Stellplätze direkt am Strand angepriesen. Das klang dann doch sehr verlockend, war es aber nicht. Die beiden Plätze waren zwar nebeneinander und direkt am Strand, hatten aber exakt gar keinen Schatten und waren so geräumig wie eine Sardinenbüchse. Zu allem Überfluss waren sie beide uneben wie die raue See bei Windstärke sieben und ohne einen Trecker wären wir vermutlich nie wieder aus dem flächendeckenden Treibsand herausgekommen.

Also ging es doch wieder zu Camping Calamar, nur eine halbe Stunde weiter gen Norden. Erstaunlicher- und fast schon erschreckenderweise war der Platz mittlerweile noch voller geworden. Zu abendlicher Stunde ergatterten wir gerade noch einen der allerletzten Stellplätze in der allerhintersten Reihe. Da war es auch kein Problem, dass wir zusammen mit unseren zwei Campern auf einem Platz standen. Der war immer noch größer als die beiden einzelnen Sandwüsten-Parkboxen zuvor. Zur Belohnung nach einem harten Urlaubstag holten wir uns eine Pizza aus dem nahen Restaurant.

Zurück in der Idylle von Calamar
Statistik

Ü21: 14.06.2022 -> 15.06.2022 in Omessa (183.698 km)

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