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Bereits im vergangenen August trudelte bei uns wie aus heiterem Himmel die Einladung zu „Drinks & Dancing“ in Köln per WhatsApp ein. Endlich mal wieder eine Feier, nur um endlich mal wieder eine Feier zu feiern. Was gibt es auch schon für einen besseren und nachhaltigeren Grund? Party, Musik, Bier. Das waren die drei markanten Kernbotschaften der Einladung. Die Vorfreude auf ein solches Event kann ja gar nicht früh genug geschürt werden. Ein wenig überraschend war lediglich, dass es sich bei der Location um das Vereinsheim eines ortsansässigen Rockerclubs handelte.

Bei Rockerclub gehen natürlich erstmal alle Alarmsirenen an. Man denkt an dunkle und muffige Kellerverliese, in denen volltätowierte, vom Leben gezeichnete, grimmige Männer rauchen und starken Whiskey in sich reinschütten. Doch was wissen wir denn wirklich schon noch von Rockern, die sich in Vereinen organisieren? Das sind doch bestimmt entgegen allen Klischees in der Regel ganz liebe Menschen, die sich einfach nur gerne in schwarze Lederoutfits mit Fransen schmeißen und diese mit lustigen farbigen Tiermotiven besticken, auf knatternden Motorrädern rumdüsen und laute schrapelige Musik hören. Trotzdem handelt es sich bei so einer Vereinigung aber auch nicht um das ehrenamtliche Organisationskomitee zur Ausrichtung eines Umzugs zum Kinderfasching. Da war sicher Obacht geboten.

Als wir in Bergisch Gladbach ankamen, waren unsere Gastgeber bereits am Veranstaltungsort, um die letzten Vorbereitungen zu treffen und die ersten Gäste in Empfang zu nehmen. Wir nahmen also den uns schon vertrauten Stellplatz auf der abschüssigen Garageneinfahrt ein, wobei wir mehrfach vor dem Haus hin- und herrangierten, um einen möglichst ebenen Schlafplatz zu erlangen. Dabei half es auch nicht, dass unsere fest eingeplante Stellplatznachbarin aus Heidenheim kurzfristig die Teilnahme an der rauschenden Ballnacht wegen akuter Atemwegsbeschwerden absagen musste. Eine abschüssige Garageneinfahrt bleibt auch eine abschüssige Garageneinfahrt, wenn man mehr Platz auf ihr zur Verfügung hat. Aber was wäre das für eine Freude gewesen mit zwei Bussen in Bergisch Gladbach zu stehen. Schade, dass es nicht geklappt hat!

Der frei gebliebene Schlafplatz

Glücklicherweise war es einfacher, den Weg zur Location zu finden als die korrekte Fahrkarte für die Fahrt mit der S-Bahn zu ermitteln. Der Tarifdschungel des öffentlichen Nahverkehrs im Großraum Köln ist ganz offensichtlich in etwa so intuitiv wie die allgemeine Verkehrsführung ebenda. Nach dem Aussteigen aus der S-Bahn fassten wir allen Mut zusammen und schlichen vorsichtig durch eine dunkle Sackgasse zwischen quer gestellten Stahlcontainern auf der einen Seite und abgesperrten Eisenbahngleisen auf der anderen Seite und versuchten, nicht in einer der beachtlichen Pfützen zu ertrinken. Die Strecke wird vermutlich in keinem Reiseführer als ausgewiesene Flaniermeile angepriesen sein.

Am Ende der Gasse stand eine triste, fensterlose Baracke. So kurz vor dem Ziel blieb lediglich die Aufgabe, den korrekten Eingang zu finden. Schließlich wollten wir ja nicht aus Versehen in den samstäglichen Traumschiff-Fernsehabend der Rockergemeinde reinplatzen. Wir entschieden uns also spontan dafür, die Tür zu nehmen, aus der die Musik am lautesten schallte. Das stellte sich als eine sehr weise Entscheidung heraus. Denn im nächsten Moment standen wir schon mitten in der Party.

Kunst am Wegesrand

Unsere Gastgeber hatten nicht zu viel versprochen. Die Eckpfeiler der Einladung wurden mehr als deutlich herausgestrichen. Es mangelte weder an hopfenhaltigen Flaschengetränken noch an rhythmischer Beschallung. Die Musik war dank ihrer Lautstärke auch so präsent, dass man sich voll und ganz auf das Partymachen fokussieren konnte. Gepflegte Konversation war nur unter vollem Körpereinsatz möglich und wurde daher auch auf ein Minimum reduziert. Ausreichend Gelegenheit also seinen müden alten Kadaver mal wieder ordentlich durchzuschütteln und den ganzen Abend überwiegend mit Tanzen zu verbringen.

Was man halt so in einem Rockerclub findet

In regelmäßigen Abständen verließen selbst die Rocker ihre benachbarten Gemächer und schlenderten durch die wild tanzende Horde zur Theke, um sich mit frischem Bier zu versorgen. Eine Zeit lang saßen auch einige von ihnen einfach an der Theke und schauten dem Treiben in ihrem Club zu. Letztendlich nötigte ihnen das Gesehene anerkennenden Respekt ab, denn beim finalen Aufbruch wurde den Gastgebern ausgewiesene Expertise im Partymachen zugesprochen. Und das obwohl nicht mal die Poledance Stange in Anspruch genommen wurde. Eine Art Ritterschlag, würde ich meinen.

Als sich dann zu sehr später Stunde für eine ganze Weile die Aura des Rockerclubs auf die Musik zu legen begann, mussten wir hin und wieder fluchtartig das Vereinsheim verlassen, um unsere Ohren vor dem sicheren Exitus zu bewahren. Es öffnete sich für wenigstens einen Spalt der musikalische Giftschrank mit den üblicherweise zu Recht gut verschlossenen, knarzenden und insgesamt wohlweisslich schwer zugänglichen Schubladen, in denen die eher schrapeligen und wütenden Fundstücke aufbewahrt werden.

In diesen Momenten keimte dann tatsächlich ein wenig der Gedanke in uns, irgendwann den Heimweg anzutreten und diese ausgesprochen famose Party doch zu verlassen. Leider war unsere Idee aber nur äußerst schlecht mit dem zu dieser Tageszeit sehr eingeschränktem Fahrplan der Kölner Verkehrsbetriebe abgestimmt, so dass wir zwischen einer gut 40 minütigen Wartezeit am S-Bahnhof oder der Hoffnung auf ein nächtlich umherstreunendes Taxi hin- und herschwankten. Am Ende waren wir froh, dass der Taxifahrer zumindest nicht während der Fahrt geraucht hat und wir nur einen der schon fast lieb gewonnenen Hügel von Bergisch Gladbach erklimmen mussten, um ermattet zu Ölf in unseren SpaceCamper zu fallen.

Am nächsten Morgen wurden wir noch auf die köstlichste Weise mit einem reichhaltigen Katerfrühstück verwöhnt und verabschiedeten uns erst als unsere Gastgeber zum großen Aufräumen und Ausfegen des Rockerclubs aufbrechen durften. Bergisch Gladbach ist doch immer wieder eine Reise wert.

Statistik

Ü4: 01.02.2020 -> 02.02.2020 in Bergisch Gladbach (144.310 km)

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