Der große Nachteil an der Tatsache, dass es uns in Leucate so gut gefallen hatte, lag darin, dass wir es mit dem Aufbruch nicht sonderlich eilig hatten. Das führte also zu einer verspäteten Abfahrt am frühen Nachmittag und damit zu einer gleichfalls verspäteten Ankunft an unserem nächsten Etappenort in Châteauneuf-du-Pape. Seit unserem mittlerweile fast schon legendären Familienabend in Osnabrück mit selbst gebackener Pizza aus dem Pizzaofen hat dieser kleine Ort in der Provence eine ganz spezielle Bedeutung für uns erlangt. Damals hatte Gerd unvorsichtigerweise eine von seinem Bruder geschenkte Kiste leckerstem Rotwein aus eben jenem Châteauneuf-du-Pape geöffnet, die dann tatsächlich an diesem Abend auch von vielen durstigen Kehlen geleert wurde. Mit einem klitzekleinen lachenden und einem sehr großen weinenden Auge muss Gerd wohl hin und wieder noch an diesen schönen Abend denken. Was für den einen Billa-was ist, ist für den anderen womöglich Château-was?

Typischerweise stehen die Weinreben in Châteauneuf-du-Pape auf Kieselsteinen
Alte Steine

Unser Plan war es, im Herkunftsort dieses so exklusiven und gleichsam so leckeren Rotweins ein paar Schnäppchen zu ergattern. Quasi so als eine Art Werksverkauf direkt vom Erzeuger an den geschätzten Weinliebhaber ohne teure Zwischenhändler und sonstige zwielichtige Gestalten. Im Ortskern deuteten die unscheinbaren Eingänge zu dem einen oder anderen Weinkeller schon sehr vielversprechend auf ein Gelingen unseres Vorhabens hin. Großer Wein wird hier selbstredend adäquat in entsprechenden Gewölbekellern feilgeboten. Doch durch unsere späte Ankunft ließ sich dieser Plan am Abend nicht mehr so recht in die Tat umsetzen. Scheinbar wollen auch hier die Leute irgendwann Feierabend machen.

Blutroter Sonnenuntergang hinter blutroten Trauben
Was für ein herrliches Naturschauspiel

So konnten wir nur einen dieser Keller besuchen, wurden dort zwar auch fündig, doch zu unserer Überraschung leider nicht wirklich zu Schnäppchenpreisen. Zudem wurde uns von der wirklich sehr netten Dame im Weinkeller wärmstens ans Herz gelegt, den Wein noch wenigstens zwei oder besser drei Jahre bei 16 Grad liegend zu lagern. Nur dann würde man dem Wein wirklich die Chance geben, seinen vollendeten Geschmack komplett zu entfalten. Das hatte dann leider zur Folge, dass wir abends stilecht auf dem Campingplatz in Châteauneuf-du-Pape holländisches Bier tranken. Immerhin war es nicht in Dosen abgefüllt…

Stilechtes Abendbrot mitten im Weinanbaugebiet

Am nächsten Vormittag versuchten wir unser Glück erneut und steuerten weitere Verkaufsstellen dieses leckeren Getränks an. Als uns der sehr fein gekleidete ältere Herr im ersten Gewölbekeller schon fast den ersten Probierschluck aus einer seiner Flaschen einschenken wollte, fiel Juttas Blick auf die vor ihm liegende Preisliste. Kurzes Erstarren. Wild gestikulierend brachten wir den guten Mann davon ab, tatsächlich etwas von seinem Wein an uns zu verschwenden. Es wäre doch zu unhöflich gewesen, einen Schluck des Weins zu probieren, und schon vorab zu wissen, dass unser Budget den Erwerb einer einzigen Weinflasche für wenigstens 70 Euro eigentlich nicht hergab. Ich bilde mir ja auch ein, dass ich diesen Preisunterschied in dem Ausmaß gar nicht schmecken kann (und will).

Also mussten wir unseren so schön ausgedachten Plan am Ende doch aufgeben. Es waren keine Schnäppchen, geschweige denn Weinschläuche in umfangreicheren Portionsgrößen oder gar sonstige Weintankstellen zu finden. Wir gehen aber davon aus, dass die billige Ramschware, die sie hier für immerhin wenigstens 23 Euro verticken, unsere Gaumen trotzdem aufs Lieblichste schmeicheln wird.

Ganz ohne Wein kann man ja auch nicht aus Châteauneuf-du-Pape wegfahren

Danach folgte nur noch die ewig lange Rückfahrt quer durch Frankreich nach Hause, um zumindest noch den Sonntag entspannt anzugehen, bevor am Montag wieder die neue Arbeitswoche beginnt. Zudem mussten wir uns ja immer noch auf die Suche nach dem verlustig gegangenen Autoschlüssel machen, den wir ja immer noch hofften, irgendwo im Auto wieder zu finden.

Immerhin konnten wir auch nach der Rückkehr in der Sonne frühstücken
Nachtrag 1

Leider hat auch das komplette Ausräumen des Autos nebst erneutem Freistellen des Kühlschranks nicht den gewünschten Erfolg erbracht. Die Schmutzwäsche ist sortiert, alle Schränke und Taschen geleert, auch die versteckteren Fächer abgetastet. Der Schlüssel ist und bleibt verschwunden.

Nachtrag 2

Genau eine Woche nach unserer Rückkehr fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die allerallerletzte Möglichkeit, doch noch eine Aussicht auf das Finden des Schlüssels zu haben, war der Packsack von unserem großen Sonnensegel. Das hatten wir zwar die ganze Zeit gar nicht aufgebaut, doch in dem Sack war die Tüte mit den Heringen, die wir ein einziges Mal auf der Île de Ré zum Aufbauen des Sonnenschutzes am Strand benötigten. Und siehe da: Da lag seit zwei Wochen gut aufgehoben der Autoschlüssel. Hallelujah!

Statistik

Ü52: 27.09.2019 -> 28.09.2019 in Châteauneuf-du-Pape (136.810 km)

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Michael Gebhardt

    Gerade muss ich das Kommentarfeld gegen heftige Angriffe von zwei wild hüpfenden Playmobil-Pferden verteidigen. Glück gehabt, ich konnte sie vertreiben, ohne dass sie Spuren in Deinem schönen Blog hinterlassen haben. Jetzt zum Château (Entschuldige bitte die Abkürzung, aber hättet Ihr nicht ein Weingut mit einem kürzeren Namen besuchen können?).

    70 Euronen wären mir ehrlich gesagt auch zu viel gewesen. So gut kann ein Wein doch gar nicht schmecken. Habt Ihr eigentlich schon Gerd informiert, was die Kiste für einen Wert hatte? Nicht dass er es schon bereut hat …

    Ja, der Ruf des Château ist schon legendär, aber ob der Wein auch wirklich so gut ist, konnte ich leider noch nicht testen. Wenn ich einmal eine Flasche davon im Supermarkt gesehen habe, lag ihr Preis immer deutlich oberhalb meines Budgets. Wenn es dann noch war ist, dass nur der schlechte Wein den Weg in unsere Regale schafft, dann lässt man lieber die Finger davon. Ich halte mich lieber an kleinere, günstigere Weingegenden: Luberon, Cotes du Rhone, Languedoc. Da macht man in der Regel nichts falsch. Und falls doch ist der finanzielle Verlust verschmerzbar.

    Apropos Wein. Da muss ich automatisch ans Abendessen denken und mich langsam darum kümmern 😉

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