Die nächsten Tage waren leider erneut geprägt von urplötzlich aufziehenden Gewittern am frühen Nachmittag. Die Verpflegung für den Ausflug mit dem Boot war bereitet, die Astralkörper mit Sonnenschutzcreme gewissenhaft eingeschmiert, die Route des Ausflugs abgesteckt. Doch genau dann kamen immer die dunklen Wolken über die Berge heran und blieben leider nicht wie abgemacht dort hängen. Bester Nährboden für einen drohenden Lagerkoller.

Dunkle Wolken über dem Platz

So mussten wir uns an unserem Hochzeitstag mit einer Fahrradtour zum Einkaufen begnügen und an Gerds Geburtstag fuhren wir nach dem vermeintlichen Durchzug der Regenwolken dennoch hinaus. Das Wasser schien zwar gefühlt Badewannentemperatur aufzuweisen, aber das lag wohl eher an der wenig sommerlichen Lufttemperatur. Zu allem Überfluss erreichte uns das schlechte Wetter dann doch noch an Bord. Mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bügelten wir zurück in unsere Hausbucht. Dort angekommen hing der Regen jedoch immer noch über dem Campingplatz, so dass wir uns für einen Eisbecher am Hafen von Porto-Vecchio entschieden bis sich das Wetter wieder beruhigt hatte.

In der Zwischenzeit kamen immer mehr Hessen, Italiener und auch ein Paar aus Amsterdam mit einem Land Rover auf dem Campingplatz an. Der knapp fünfzig Jahre alte Jeep mit einem Wendekreis von knapp dreißig Metern suchte ein Weile lang einen adäquaten Platz und entschied sich am Ende genau für die Fläche, die sich exakt in der Sichtachse zwischen unserem Heckfenster und der leise dahinplätschernden Brandung des Golfo di Sogno befand. Ein Frevel! Großes Entsetzen und totale Bestürzung bei meinen Mitreisenden. In weiser Voraussicht konnten ich die tobende Menge jedoch beruhigen, dass selbst Holländer in der Regel nette Menschen sind und mir doch allemal viel lieber sind als laut lärmende italienische Großfamilien, die sich bis in die Puppen in ohrenbetäubender Lautstärke unterhalten als sollten auch ihre nicht anwesenden Verwandten auf dem Festland jedes Wort verstehen können. Die Holländer dagegen gesellten sich für einen kleinen Aperitif zum Geburtstag zu uns an den Strand und ließen den Jubilar zusammen mit uns hochleben.

Auf der gegenüber liegenden Straßenseite des Platzes von Ute und Gerd kam wenig später ein in die Jahre gekommenes Wohnmobil aus Italien an. Der Fahrer des Gefährts war ein unscheinbarer Mann und die Beifahrerin verschwand förmlich in ihrem offenbar viel zu großen Sitz. Kaum hatte das Wohnmobil seine Parkposition erreicht, stand schon wie von Zauberhand ein riesengroßer Kühlschrank vor dessen Tür, die viel zu klein war, um dieses Monstrum aus dem Inneren des Mobils ausspucken zu können.

Am nächsten Morgen fiel es uns als neutralen Beobachtern jedoch ganz schnell wie Schuppen von den Augen. Der gestern noch unscheinbare Mann kam in einem Ganzkörper-Neoprenanzug im modernen dunkel gehaltenen Camouflage-Look mit seinem Schlauchboot im Schlepptau zu seinem Platz. In der Hand, die nicht das Boot zog, hielt er eine amtliche Harpune, die auch Jacques Costeau einen neidischen Blick ins Gesicht gemeißelt hätte. Dem cineastisch bewanderten Campingfreund mit einem Faible für die guten alten Louis de Funès-Filme ging spätestens in diesem Moment das Herz auf. Der Oberschurke Fantomas verkleidet als der Frosch mit der Maske, der seiner geliebten Mutter den Fang des Tages übergibt, um die Fassade des rechtschaffenden Bürgers aufrecht zu halten. In Wahrheit aber… In jedem Fall riecht es seit ihrer Ankunft an jedem Abend nun nach gebratenem Fisch.

Fantomas kommt nach Hause

Irgendwann, ganz plötzlich und unerwartet, wir saßen gerade zu Tisch und aßen vermutlich einen sehr gesunden Salat und unterhielten uns vielleicht über Fantomas und seine Mutter, verdunkelte sich der Himmel über uns. Irritiert und aufgeschreckt zugleich sahen wir zur Seite und mussten feststellen, dass uns nicht etwa der Himmel auf den Kopf gefallen war, sondern nur ein unfassbar kolossales Wohnmobil aus Darmstadt im Begriff war, eine geradezu lächerlich kleine Parzelle auf der anderen Straßenseite unter sich zu begraben. Mit diesem Gefährt hätte locker die komplette deutsche Fußball-Nationalmannschaft zu ihrem nächsten Gruppenspiel in Russland anreisen können. Die an Bord befindliche Familie mit drei Kindern schien sich an der geringen Größe des Stellplatzes jedoch nicht zu stören. Ganz im Gegenteil. Aus einer großen Schleuse im Heck dieses überdimensionierten Raumkreuzers erschienen zwei ausgewachsene Motorräder. Im Laufe der Zeit ergoss sich aus dem Schlachtschiff auch noch ein großer aufblasbarer Happy Cat Katamaran. Wie um zu zeigen, dass man es hier nicht mit armen Leuten zu tun hat, wurden auch noch zwei bunt blinkende Mono-Wheels vorgeführt, aber erst nachdem auch noch der französische Mietwagen abgeholt wurde.

Lediglich einen wirklichen Stilbruch haben die Darmstädter dann aber doch begangen. Da sie aufgrund des Bewuchses ihres Platzes ihre 6 Meter breite Markise nicht ausfahren konnten, hocken sie jetzt tatsächlich unter einem dunkelgrünen Zeltpavillon. Der steht jedoch auf zwei riesengroßen Teppichen, die regelmäßig gefegt werden und die selbstverständlich in keinem Fall mit Schuhen jeglicher Art betreten werden dürfen. Sollte das aber, aus welchen Gründen auch immer, doch mal passieren, steht im Notfall glücklicherweise der Dyson Staubsauger ohne Saugkraftverlust parat, den die Dame des Hauses dann auch gerne mal durch ihre Villa schiebt.

Die Villa der Nachbarn

Als kulinarisches Highlight hatte sich das Geburtstagskind handgemachte, mit Liebe zubereitete Frikadellen nach Art von Oma Gust gewünscht. Die Liste der Zutaten sorgte schon im Vorfeld für rege Diskussionen und ungläubiges Staunen. Neben dem nicht sehr überraschenden Anteil an Hackfleisch sollten zudem gedünstete Zwiebeln, Zwieback, altes Brot und sogar Haferflocken mit verarbeitet werden. Was für eine Zusammenstellung. Aber der Jubilar hatte natürlich recht. Der Gourmet-Koch Christian zauberte uns nach dem alten traditionellen Familienrezept wunderbare Frikadellen. Der einzige Wermutstropfen war die geringe Anzahl von lediglich 42 Exemplaren, die am Ende verloren auf dem gedeckten Tisch lagen…

Zubereitung der kulinarischen Köstlichkeiten
Das fertige Produkt
Statistik

Ü29: 23.06.2018 -> 24.06.2018 in Golfo di Sogno (99.113 km)
Ü30: 24.06.2018 -> 25.06.2018 in Golfo di Sogno (99.113 km)

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