Mit dem Erwerb eines Spacecampers ändern sich auf einen Schlag einige essentielle Dinge, wenn man sich auf Reisen begibt. Früher, als wir noch mit einem einfachen Zelt unterwegs waren, was im Kofferraum eines profanen PKWs transportiert wurde, kam man an einem Campingplatz an, suchte sich ein lauschiges Plätzchen zum Aufbau des Zeltes und alles war soweit paletti, dachte man. Mittlerweile haben sich diese Verhältnisse jedoch ein bisschen verschoben. Sobald man einen Campingplatz erreicht hat, sich auf den ausgewählten Stellplatz positioniert hat, die Schiebetür öffnet, ins Freie tritt, womöglich noch den großartigen Klapptisch zur Seite aufstellt und ein leckeres Gläschen gekühlten Rosé darauf platziert, steht man im Handumdrehen vor dem bei Weitem schönsten und coolsten Camper des ganzes Geländes. Das funktioniert bei nahezu jedem Platz, den wir bisher angefahren haben.

Eine komplett andere Situation entsteht, wenn sich auf einmal über 80 Spacecamper mitten im Schwäbischen an einem kleinen Zufluss des Neckar auf einem Campingplatz treffen. Denn auf einmal ist man nur noch einer unter vielen. Da kann man dann nur noch mit einer besonders schönen Lackierung punkten. Genau dieses Szenario entstand am Wochenende in Braunsbach am Kocher. Die Spacecamper hatten zum alle zwei Jahre stattfindenden Spacecamper Treffen geladen.

Als wir am späten Freitag Nachmittag ankamen, war die große Zeltwiese schon mit etlichen Bussen besiedelt. Wir konnten uns jedoch noch dazu stellen, da Kerstin und Matthias bereits früher angekommen waren und die ehrenvolle Aufgabe übertragen bekommen hatten, uns einen Platz frei zu halten. Die besondere Herausforderung lag darin, dass die beiden als Neueinsteiger in die Spacecamperszene leider noch nicht im Besitz eines eigenen Faltpylon sind. Der Vorschlag, dass sich Leah ja so lange auf den freizuhaltenden Platz setzen könne und dort z.B. kleine Kunststücke vorführen könnte, wurde leider erstaunlicherweise sofort vom Kind abgeschmettert.

So viele Spacecamper

Dass das von uns gebuchte Unterhaltungsprogramm für den Samstag in einer Kanutour auf dem Kocher bestand, hatte Ölf von Anfang eher mit Argwohn beobachtet. Als ausgesprochener Wanderfreund war er bisher auch nie in Erscheinung getreten, jedoch das Bogenschießen verströmte dagegen den lieblichen Duft von Heldentum und Freiheitskampf im Stile eines Robin Hood. Das wäre so ganz nach seinem Geschmack gewesen. Als dann bei der Einweisung in die Kniffe und Unwägbarkeiten des Kanusports auch noch die beträchtlichen Regenfälle der vergangenen Tagen und die damit einhergehenden größeren Wassertiefen und anspruchsvolleren Strömungen samt Stromschnellen angesprochen wurden, konnte dies den Argwohn leider nicht wirklich mindern. Eher im Gegenteil.

Die Einweisung ins Kanufahren

Dann saßen wir wirklich in unserem Kanu auf dem Kocher und waren plötzlich auf uns alleine gestellt. Nun war es an der Zeit, die Fluten zu besiegen. Fortan überschlugen sich die Ereignisse. Gleich zu Beginn stellte sich uns ein Brückenpfeiler in den Weg, der mit unfassbarer Geschwindigkeit auf uns zusteuerte. Mit ein wenig Glück und einer ganzen Menge Geschick manövrierten wir geschmeidig um dieses erste Hindernis herum. Auch die folgenden mehr oder weniger kniffligen Stromschnellen überwanden wir noch todesmutig mit kühlem Kopf. Als Ölf dann gerade dachte, dass es so schlimm ja gar nicht zu sein schien und sich daraufhin allmählich aus seinem vermeintlich wasserdichten Versteck herauswagte, passierte das Unaussprechliche.

Die ersten Hindernisse
Noch denkt man, man hat alles im Griff…

In einer schier unmöglich zu passierenden, pulsierenden und geradezu tobenden Stromschnelle, die sich in einer engen Haarnadelkurve durch das Tal schlängelte, kenterten wir. Die bei der Einweisung angesprochene Eskimorolle ließ sich leider spontan nicht in die Tat umsetzen. Einen Wimpernschlag später standen wir klitschnass im eiskalten Kocher und versuchten in der starken Strömung unsere Habseligkeiten beisammen zu halten. Kaum saßen wir wieder im Kanu, lagen wir schon wieder in diesem ungastlichen Eisbach und hatten noch mehr Mühe das Kanu daran zu hindern, selbstständig den Weg flussabwärts zu suchen.

Zurück an Land zogen wir Bilanz und konnten eine verlustig gegangene Brille nebst Kappe von unserem Mitkanuten Martin aufzählen. Darüber hinaus natürlich klitschnasse Klamotten am Körper und ein unvorsichtig verpacktes und daher unvorteilhaft gewässertes Telefon, welches anfangs nur noch zu unkoordinierten Zuckungen in der Lage war, sich aber in den folgenden Tagen glücklicherweise wieder berappelte. Nicht zu vergessen ist in dieser Aufzählung selbstredend ein triefnasser und zeternder Ölf, der sich in dem Moment des bedrohlichen Untergangs gedanklich von allen zukünftigen Wassersportaktivitäten verabschiedete, wenn er nur heile aus dem Kocher gezogen werden würde.

Alles ist nass!

Abends mussten wir feststellen, dass wir mit unserer unfreiwilligen Badeeinlage womöglich ein im Kocher wohnendes altertümliches Seeungeheuer aufgeschreckt hatten. Wie anders ist es zu erklären, dass Jutta urplötzlich während der mit fabelhaften Sachpreisen ausstaffierten Tombola unserer Veranstalter von einem stechenden Schmerz im Fuß heimgesucht wurde? Das und die Tatsache, dass rund um unseren Tisch nur eines der vielen Lose sich als keine Niete herausstellte, trübte ein wenig die Freude über diese an sich gelungene Abendveranstaltung. Dass der Gewinn aber ausgerechnet auf meine Losnummer fiel, war immerhin ein kleiner Erfolg.

Leider verpassten wir nachfolgend die ungezwungene Lagerfeuerparty, bei der, wie uns erst am nächsten Morgen berichtet wurde, eine erstaunliche Reise-Falt-Gitarre zum Einsatz gekommen war. Für einen angehenden Hobbyamateurgitarrenspieler wie mich natürlich äußerst ärgerlich, diese Showeinlage verpasst zu haben. Aber insgesamt war es wieder ein sehr gelungenes Spacecamper Treffen, das viel Vorfreude auf das kommende in zwei Jahren gemacht hat. Wir sind schon sehr gespannt, wo es dann stattfinden wird.

Statistik

Ü12: 24.05.2019 -> 25.05.2019 in Braunsbach (126.077 km)
Ü13: 25.05.2019 -> 26.05.2019 in Braunsbach (126.077 km)

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Thomas Dannacker

    … Brillant geschrieben!
    Auch wir wären gerne dabei gewesen mit unserem neuen SpaceCamper.
    Aber wir haben unverhofft Nachwuchs bekommen. Einen 29 Jahre alten T3. Und so mussten wir ihn erst mal abholen, denn für den Storch war er zu schwer.
    Durch euren Bericht konnten wir an euren Erlebnissen teilhaben.
    Eine Gabe so zu schreiben!!
    Besonders amüsant fand ich das Bild: „Alles ist nass“
    Beim nächsten Mal sind wir sicherlich mit dabei!

    1. Martin

      Danke für den netten Kommentar. Das Spacecamper Treffen war wirklich wieder sehr schön, trotz dieses kleinen sehr nassen Intermezzos im Kocher. Ölf nimmt daraufhin nun erstmal Abstand von jeglichen Wassersportaktivitäten.

      Vielleicht sieht man sich ja dann in zwei Jahren beim nächsten Treffen.

    2. Chris

      … ich sehe die Seite leider erst jetzt und kann mich Thomas nur anschließen. Hab mich sehr gekringelt beim Lesen – danke schön!

      Ich bin die, die den schwarzen SpaceCamper fährt, der neben dem blau-weißen steht und das Outwell Canopy als Vordach eingezogen hat.

      Mir hat es wunderbar gefallen, anders als Ölf musste ich auch nicht baden. Und in 2 Jahren sehen wir uns hoffentlich alle wieder.

  2. Thomas Dannacker

    Bestimmt!
    :-))

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